Zahl der Tierversuche in 2015 angestiegen

(Bildquelle: infoticker)

Das BLV hat heute die Versuchstierzahlen 2015 veröffentlicht. Ein Trend der letzten Jahre setzt sich leider fort: Die Zahlen steigen weiter an. Sowohl generell, als auch in der Grundlagenforschung und bei den hohen Schweregraden. Die Stiftung Animalfree Research ist sehr besorgt über diese...

Zunahme bei den Tierversuchen

Anfang der 80er Jahren wurden in der Schweiz jährlich fast zwei Millionen Versuchstiere verwendet. Nach einem vorläufigen "Tiefpunkt" von 566'000 Versuchstieren im Jahr 2000 stieg die Zahl langsam wieder an. 2010 waren es knapp 762'000 Tiere, dann schien der Trend wieder hin zu niedrigeren Zahlen zu gehen. Seit 2013 steigen die Zahlen wieder an, im Jahr 2015 sogar deutlich, auf 682'333 Tiere.

Verwendungszweck: Grundlagenforschung legt weiter zu

Während in der Industrie die Anzahl verwendeter Tiere gegenüber 2015 weiter abgenommen hat, nahm sie im Bereich Grundlagenforschung wiederum zu – ein ungebrochener Trend. Die Tierzahlen an Hochschulen und Spitälern machten 2015 60 Prozent des Gesamttierverbrauchs der Schweiz aus, 2014 war es noch gut die Hälfte gewesen. Der seit dem Jahr 2000 stetig zunehmende Tierverbrauch an Hochschulen muss doppelt kritisch betrachtet werden, weil bei einer Vielzahl der in der Grundlagenforschung durchgeführten Tierversuche der Erkenntnisgewinn für weitergehende Forschung im Fokus steht und nicht die Entwicklung konkreter neuer Medikamente oder Therapien zum Nutzen von Mensch und Tier. Diese Praxis dürfte im Grundsatz auch dem Tierschutzgesetz widersprechen, welches belastende Tierversuche auf das "unerlässliche Mass" beschränkt.

Schweregrad: Mehr Tiere dem höchsten Schweregrad ausgesetzt

Die Tiere wurden vermehrt für Tierversuche mit den Schweregraden 0 und 1 (keine bis leichte Belastung) eingesetzt. Wie die Tierversuchsstatistik zeigt, waren 2015 2 Prozent der Versuchstiere einer Belastung des Schweregrades 3 ausgesetzt, womit sich gegenüber 2014 keine Änderung ergeben hat. Durch die gestiegene Gesamtzahl sind es aber doch absolut mehr Tiere: 14'235 gegenüber 12'285 im Jahr davor. Rund 20 Prozent waren einer Belastung des Schweregrades 2 ausgesetzt – ebenfalls keine Änderung gegenüber 2014. Damit war die weit überwiegende Mehrheit der Tiere in Versuchen mit geringen Belastungen Dies wird aber relativiert, wenn man sich die Belastungen durch die Versuchstierhaltung näher betrachtet.

Zunahme der bewilligten Versuchstierhaltungen

In den schweizweit 128 (2014: 115) bewilligten Versuchstierhaltungen wurden 2015 insgesamt über 1,3 Millionen Tiere geboren und zusätzlich noch knapp 300'000 importiert. Auch hier sind die Tiere mit über 90 Prozent überwiegend Mäuse. Weitere Importe waren bspw. 142 Hunde (gegenüber 6 in den Versuchstierhaltungen geborenen Tieren) und 4 Primaten. Tiere in Versuchstierhaltungen leben weit unter den Minimalstandards, welche die Tierschutzverordnung für dieselben Tierarten in Heimtierhaltungen vorschreibt. Eine den Bedürfnissen der Tiere angepasste Haltung ist in den Labors insbesondere aus Kostengründen nicht umsetzbar. Viele gentechnisch veränderte Labortiere sind aufgrund individueller Eigenschaften nicht für die geplanten Tierversuche geeignet und werden deshalb getötet. Die Tötung allein gilt nicht als Tierversuch. Die Haltung der Tiere hat zudem einen direkten Einfluss auf ihre Gesundheit und ihr Verhalten. Entwickeln mehrere für einen Versuch verwendete Tiere eine Verhaltensstörung oder werden sie krank, so kann dies das Testergebnis verfälschen oder seine Aussagekraft deutlich relativieren. 

Eingesetzte Tierarten: klarer Verlierer ersichtlich

2014 waren knapp 80 Prozent der eingesetzten Versuchstiere Nagetiere, insbesondere Ratten und Mäuse, dieser Anteil sank 2015 auf 72 Prozent. Dies bedeutet keinen absoluten Rückgang, sondern spiegelt nur den Anstieg bei anderen Tierarten, namentlich mit Fischen (+ 23'812), Amphibien und Reptilien (+ 24'953), und Geflügel (+ 11'909). Bei den übrigen handelte es sich bspw. um Kaninchen, Primaten, Hunde, Katzen und landwirtschaftliche Nutztiere Hier sind die Zahlen gesunken Die Zahl der neu erteilten Bewilligungen für Tierversuche hat gemäss Medienmitteilung des BLV 2015 um rund 6 Prozent abgenommen. Dies ist eigentlich ein erfreulicher Befund, deutet aber bei gleichzeitigem Anstieg der Tierzahlen auch darauf hin, dass mehr "Grossprojekte" mit einer hohen Zahl von Tieren bewilligt wurden. 

Verwendung von gentechnisch veränderten Tieren

Im Jahr 2015 wurden insgesamt 158'626 gentechnisch veränderte Tiere in den Versuchen verwendet – davon mit 98 Prozent fast ausschliesslich Mäuse. Verschwindend gering ist (noch) der Anteil von Ratten und Fischen (jeweils 1 Prozent). Damit sind die prozentualen Anteile gegenüber dem Vorjahr exakt gleichgeblieben. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es noch 60'172 genetisch veränderte Tiere insgesamt. Das Erzeugen eines gentechnisch veränderten Tieres ist als Tierversuch zu qualifizieren und bedarf in der Schweiz einer Bewilligung, sofern die Erzeugung nicht mit vielfach erprobten und vom BLV anerkannten Methoden erfolgt. Gentechnische Veränderungen können im Extremfall für die betroffenen Tiere starke Belastungen mit sich bringen, zudem ist Aussagekraft der Versuche auch mit gentechnisch veränderten Tieren sehr beschränkt, sodass eine direkte Übertragbarkeit der Resultate auf den Menschen in den meisten Fällen nicht möglich ist.