Vier Pfoten behandelt 120 Streunerhunde

(Bildquelle: infoticker)

Die Explosion von Reaktor 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl am 26. April 1986 gilt als eine der schwersten Nuklearkatastrophen der Geschichte. Über 120'000 Menschen aus 189 Städten und Gemeinden wurden aus der 30 Kilometer weiten Sperrzone rund um das beschädigte Kraftwerk evakuiert. Zurückgelassen...

Rund um das Kernkraftwerk nahe der ukrainischen Geisterstadt Prypjat tummeln sich heute hunderte Nachfahren der zurückgelassenen Hunde von Tschernobyl. Aufgrund zahlreicher Wildtiere in der Sperrzone sind die Streuner oftmals mit Tollwut infiziert. Deshalb unterstützt die internationale Tierschutzorganisation Vier Pfoten ein von Clean Futures Fund (CFF) ins Leben gerufene Projekt. Die amerikanische NGO verfolgt das Ziel, die Streunerhunde von Tschernobyl zu fangen, impfen, kastrieren, medizinisch zu versorgen und wieder frei zu lassen.

Julie Sanders, Leiterin des Bereichs Heimtiere bei Vier Pfoten, berichtet: "Tollwut ist nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen ein grosses Risiko. Mit der Impfung der Hunde schützen wir also auch die 3'500 Arbeiter des Kraftwerks, die mit den Tieren in Kontakt kommen und sich um sie kümmern. Mit den Kastrationen erreichen wir zusätzlich die langfristige Reduzierung der Streunerhunde-Population. Das ist wichtig, denn durch Nahrungsmangel und extrem kalte Winter stehen die Überlebenschancen für die Streuner von Jahr zu Jahr schlechter."

Nach der Nuklearkatastrophe eigentlich zum Abschuss freigegeben, überlebten die zurückgelassenen Haustiere über mehrere Generationen hinweg in dem radioaktiv verstrahlten Gebiet. "Ursprünglich haben sich die Hunde nach der Errichtung der Sperrzone in die umliegenden Wälder zurückgezogen. Doch Wölfe und der Mangel an Essen haben die Streuner wieder zurück in die verlassene Stadt und zum noch immer aktiven Kernkraftwerk getrieben. Dort werden sie von den Arbeitern nämlich regelmässig gefüttert", so Sanders.

Internationale Kooperation

Ein internationales Team, zusammengestellt von CFF, wird sich in den kommenden Monaten um die Behandlung der Streunerhunde von Tschernobyl kümmern. Vier Pfoten stellt dafür nicht nur einen eignen Tierarzt zur Verfügung, sondern versorgt die Partner auch mit professioneller Ausstattung und Medizin.

"Unser Ziel ist es, innerhalb von zwei Wochen 120 Hunde in der Sperrzone und der näheren Umgebung zu impfen und kastrieren. Wir versorgen aber auch verletzte und kranke Tiere. Das ist ein sehr ambitionierter Plan, aber aufgrund unserer jahrelanger Expertise sind wir zuversichtlich, das zu schaffen", sagt der ukrainische Vier Pfoten Tierarzt Oleksandr Senchuk.

Kein Sicherheitsrisiko für Team

Im Vorfeld des Projektstarts wurde umfassende Recherchen angestellt und Studien herangezogen, um das Sicherheitsrisiko des Teams vor Ort zu minimieren. "Wir stellen sicher, dass sich unsere Partner genauso wie wir streng an die geltenden Sicherheitsprotokolle halten. Dazu gehört auch das Tragen passender Kleidung, die vor radioaktiver Strahlung schützt", erklärt Lucas Hixson, Mitgründer von CFF.

Die Streunerhunde von Tschernobyl werden zudem vor jeder medizinischen Behandlung gründlich gewaschen und geschrubbt, um das Strahlenrisiko zu reduzieren. "Selbst bei Operationen und offenen Wunden besteht kaum Risiko. Die radioaktive Verstrahlung der Hunde ist mittlerweile so gering, dass sie für Menschen keine Gefahr darstellt", so Hixson.

Artikelfotos: Vier Pfoten/Tomas Halasz