Versöhnlicher Abschluss des Rebjahres

(Bildquelle: infoticker)

Die kälteste Frostnacht der letzten 30 Jahre trübte bereits früh die Ertragserwartungen des neuen Rebjahres. Aber auch die schwierigen Bedingungen nach der Blüte bis anfangs August beeinflussten den Jahresverlauf wesentlich. Umso grösser war dann die Erleichterung bei den Winzerinnen und Winzern...

Im Verlaufe des letzten Winters 2015/16 resultierten kaum richtige Frosttage. Auch Schnee war in unserer Region eher selten. Nach dem Niederschlagsdefizit aus dem trockenen 2015 hofften die Winzer auf Besserung. Dank etlichen Regentagen im Laufe des Januar und Februar bestand dann zumindest für die Reben nicht mehr wirklich Wasserknappheit.

So präsentierten sich in diesem Jahr die Startbedingungen generell gut, auch was die Holzreife betraf. Ende März kletterten die Temperaturen erstmals über die 20°C Marke und die Aprikosen standen bereits in Blüte.

Nach frühlingshaften Temperaturen ein unerwarteter Kälteeinbruch

Nach einem milden März, zeigte sich auch der April zuerst von seiner angenehmeren Seite. Mitte April trat dann aber eine merkliche Abkühlung mit ergiebigen Niederschlägen ein. Der Austrieb lag dank der guten Bodenfeuchte und den frühlingshaften Temperaturen voll im Fahrplan und damit ungefähr im langjährigen Mittel. Und plötzlich dieser unerwartete Kälteinbruch, welcher alles wie "Schock-gefror"!

Die Wetterprognosen, zumindest diejenigen am Vortag verhiessen nichts Gutes. Die Mittagsprognose vom Vortag sprach erstmals von -5°C für die Region Hallau, was dann lokal in der Nacht vom 28. April 2016 auch tatsächlich eintrat. Bereits vor Mitternacht erreichten die ersten Messstationen die Nullgradgrenze bei praktisch wolkenlosem Himmel.

Das Schadensausmass präsentierte sich danach sehr unterschiedlich. Allgemein stärker betroffen waren frühe Lagen. Bereits nach einigen Tagen war klar, dass sich diese Nacht in die Jahre der grossen Frostjahre von 1981 oder 1960 reihen würde. Rückblickend kann festgehalten werden, dass einmal mehr die alt-bewährten Frostruten ihren Zweck erfüllten. Aber auch zahlreiche Kerzen und sogar ein Helikopter wurden vorbeugend gegen die drohenden Frostschäden eingesetzt.

Wöschchuchi-Wetter bringt starken Wuchs und Pilzprobleme

Die relativ ergiebigen Niederschläge im Verlaufe des Mai / Juni fielen in hohen Intensitäten mit Überschwemmungspotential aus. Die Böden waren teilweise so stark wassergesättigt, dass die Befahrbarkeit örtlich erschwert wurde. Der Mai 16 ging allgemein als einer der nässeren Maimonate in die Annalen ein. Auch die relative Luftfeuchtigkeit mit durchschnittlich über 80 Prozent bei Temperaturen um die 20°C liessen fast tropische Gefühle aufkommen. Entsprechend hoch war damit der Infektionsdruck des Falschen-Mehltau-Pilzes.

Die Theorie besagt zwar, dass nach 30mm Niederschlag oder 20cm Neuzuwachs der Spritzbelag zu erneuern ist. Aber da nützt die gut gemeinte Theorie und der beste Pflanzenschutz wenig, wenn die fachgerechte Applikation aufgrund der völlig durchnässten Böden nicht mehr möglich ist. Schadbilder und Ausfälle waren entsprechend vorprogrammiert.

Weitere Ertragsausfälle und hohe KEF-Population

Die langen Blattnassdauern, der starke Wuchs und der Pilzdruck setzten den Reben erheblich zu. Rückblickend kann festgehalten werden, dass nach dem Rebensommer 2016 kaum eine Lage oder Sorte nicht unter dem Falschen Mehltau gelitten hatte. Viele Blattpartien erschienen im Spätsommer rot-bräunlich, gezeichnet durch den Pilz. Leider mussten auch auf den Trauben teilweise erhebliche Schäden festgestellt werden. Diese sogenannten Lederbeeren sind besonders ärgerlich, da sie weitere Ertragsverluste bedingten.

Die Winzer waren stark gefordert und bereits bahnte sich neues „Unheil“ an. Das ab Kalenderwoche 30 früh durch die Fachstelle etablierte Monitoring der Kirschessigfliege (KEF), verdeutlichte sehr rasch die hohe Population, welche nach den Schäden in den Kirschen- und Beerenkulturen nun auch auf die reifenden Traubenbeeren überzugreifen drohte. Auch die Temperaturen anfangs September bis zu 30°C schienen der KEF vorab nichts Wesentliches anhaben zu können. Bis zur KW 39 stieg die Population abermals sprunghaft in noch nie dagewesene Höhen an.

Entsprechend wurden die Vorkehrungen der Winzer mittels flankierender Massnahmen getroffen und die Fachstelle hatte zusammen mit der Branche zusätzliche Personen für die gezielte Bonitierung der Schäden rekrutiert. Auch wurde wiederum - erstmals im Rahmen des neu gegründeten Rebbauforums SH/TG in enger Absprache mit den nationalen Forschungsorganisationen - gezielte Versuche durchgeführt.

Und plötzlich ist (fast) alles wieder gut

Schliesslich rettete der schöne Herbst das Reb- und Winzerjahr! Der regenarme und sonnige September und die kühlen Nächte im Oktober bewirkten Wunder oder ermöglichten zumindest die Ernte eines sehr gesunden und gut ausgereiften Traubengutes. Die Erträge fielen trotz der Frostnacht von Ende April und dem schwierigen Vegetationsverlauf über alles gesehen einigermassen zufriedenstellend aus.

Im Kanton Schaffhausen liegt die Blauburgunderernte bei rund 83 Prozent einer normalen Ernte, bei der Sorte Riesling-Silvaner sind es 92 Prozent. Im Kanton Thurgau resultierten rund 89 Prozent beim Blauburgunder und 93 Prozent einer normalen Müller-Thurgau Ernte. Dies führte sowohl in Schaffhausen wie auch im Thurgau zu einer der kleinsten Ernten der letzten 10 Jahre. Als sehr erfreulich dürfen die gemessenen Qualitäten bezeichnet werden.

Der Hauptherbst der Sorte Blauburgunder konnte dank dem sehr gesunden Traubengut ab der zweiten Oktoberhälfte erfolgen, was guten Zuckerwerten und schöner Aromatik der Trauben führte. Die Befürchtung, dass aufgrund der heterogenen Ausgangssituation mit stark uneinheitlichem Traubengut die Qualitäten leiden würden, hat sich dank dem bewussten Hinauszögern der Ernte deutlich entschärft.

Damit gelangte optimal ausgereiftes und sehr aromatisches Traubengut in die Kellereien. Ein zwar kleiner Jahrgang, dafür mit sehr gutem Reifungspotential reift nun in den Kellern heran. Alles in allem ein versöhnlicher Abschluss eines überaus fordernden Rebjahres 2016!