VCS kritisiert Umgang mit Stauzahlen

Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) vergleicht Staustunden und Stautage wie Äpfel und Birnen. Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz zeigt in seinem jüngsten Magazin auf, dass die beiden Grössen in keiner direkten Relation zueinander stehen. Die daraus berechnete durchschnittliche Staudauer pro Tag...

Nach Recherchen des VCS berechnet das ASTRA eine durchschnittliche Staudauer vor dem Gotthard-Strassentunnel, indem es die jährlichen Staustunden durch die Anzahl Stautage dividiert. Doch ein Stautag am Gotthard-Südportal zu Ostermontag oder ein Stautag an einem gewöhnlichen Mittwoch mit gerade mal zehn Minuten stockendem Verkehr können nicht verglichen werden. Das räumt selbst die Abteilung Verkehrsmonitoring beim ASTRA ein.

Nimmt man aber den Schnitt, wie das ASTRA in einer Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoss anführt, ergibt sich daraus plötzlich für den Gotthard eine ähnliche durchschnittliche Staudauer wie am Baregg oder am Gubrist. Dabei ausgeblendet bleiben die Länge des Staus oder die darin involvierten Fahrzeuge. Während zum Beispiel am Gotthard während fünfeinhalb Stunden nicht einmal 2'000 Fahrzeuge im Stau stehen, sind am Bareggtunnel hingegen fast 30'000 Fahrzeuge involviert. Den Gotthard querten 2014 täglich 17'356 Fahrzeuge, am Baregg waren es 126'789 und am Gubrist 108 618 Fahrzeuge pro Tag. Diese Grössenordnungen zeigen, dass die Staudauerrechnung des ASTRA nur eine Bewertung verdient: unseriös.

Staumeldungen bewusst dramatisiert?

"Der Stau am Gotthard wird vom ASTRA via Staumeldungen bewusst dramatisiert und auf die gleiche Ebene mit den täglichen Staus in den Agglomerationen gestellt. Wem käme in den Sinn, bei zehn Minuten Wartezeit am Gubrist oder beim Gellert-Dreieck eine Staumeldung am Radio zu verlesen", kritisiert VCS-Präsidentin Evi Allemann. Für den VCS ist es inakzeptabel, dass die Bevölkerung mit derartigen Staumeldungen in die Irre geführt wird. Die Meldungen suggerieren, der Leidensdruck sei derart gross, dass eine zweite Röhre gebaut werden müsse. Diese aber würde mittelfristig noch mehr Verkehr und doppelt so viele Lastwagen bringen.

"Die politische Stimmungsmache mit Staumeldungen muss sofort aufhören", fordert Evi Allemann. Die VCS-Präsidentin rief das ASTRA bereits Anfang Juli auf, seine Richtlinien zur Erstellung der Staumeldungen offenzulegen und die Stauberechnungen transparent zu machen. Ein "Rundschau"-Bericht hatte die Stauberechnungen und Meldepraxis des ASTRA beleuchtet. Demnach sind Meldungen über Kürzest-Staus unter einem Kilometer Länge seit 2012 von vier Meldungen auf 195 im Jahr 2014 angestiegen, obwohl das Verkehrsaufkommen am Gotthard seit 2010 konstant blieb.