Sonnenfinsternis dank App auch für Blinde erlebbar

(Bildquelle: infoticker)

Fühlen durch Sound- und Vibrationseffekte - Eine App macht Sonnenfinsternissen für Blinde erlebbar.

Der Astrophysiker Henry "Trae" Smith vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics hat eine App namens "Eclipse Soundscapes" entwickelt, mit der Blinde und Sehbehinderte Sonnenfinsternisse erleben können - und zwar durch zielgerichtet frequentierte Sound- und Vibrationseffekte.

"Ein Mensch, der nie gesehen hat, wird sich zwar immer seine eigenen Vorstellungen von hell, dunkel, gelb und grün machen. Aber er kann über die App zumindest erfahren, wie der Verdunklungsvorgang vor sich geht, wie deutlich er wahrnehmbar ist, wie lange er dauert", erklärt Michael Herbst, Leiter des Bereichs Politische Arbeit der Christoffel-Blindenmission Deutschland, im Gespräch mit "pressetext".

Hören und Fühlen ist nicht alles

Die App ermöglicht eine Echtzeit-Erzählung, die an den jeweiligen Aufenthaltsort des Nutzers angepasst ist. Durch die "Rumble-Map", eine haptische und auditive Karte, können Blinde oder Sehbehinderte vergangene Finsternisse erfühlen und erhören. Die dunklen Stellen des Bildes sind mit schwacher Vibration und niedrig frequentierten Tönen ausgestattet, die hellen mit starker Vibration und höheren, lauteren Tönen. Die Geräusche und Vibrationen sind miteinander kombiniert. Teilweise wurden Frequenzen verwendet, die das ganze Smartphone resonieren lassen, also vibriert es nur durch Benutzung der Lautsprecher.

Winter sieht seine App als Prototyp für die noch folgenden Technologien, denn bis jetzt sind Systeme für Sehbehinderte sehr auf haptische Karten und Töne beschränkt. Faktoren wie Temperaturveränderungen, Wetter-Muster oder das Verhalten der Natur, welche bei Finsternissen sehr häufig sind, wurden bis jetzt gänzlich ausser Acht gelassen.

"Die Idee ist genial. Diese App geht ganz neue Wege, sie denkt neue Möglichkeiten an. Es wird damit möglich, Astrophysik auch für blinde Menschen erfahrbar zu machen. Es ist dies das gleiche Prinzip wie vor Jahren, als bildende Kunst für Menschen mit Sehbehinderung erfahrbar gemacht wurde. Damit können auch Barrieren in den Köpfen der Menschen beseitigt werden", so Daniele Marano von der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs, der selbst hochgradig sehbehindert ist, gegenüber "pressetext".

Unterstützung von der NASA

Das Projekt wurde von der US-Weltraumbehörde NASA unterstützt. Wanda Diaz-Merced, eine blinde Astrophysikerin der NASA, sorgte für die einfache Bedienung der App. "Die Menschen werden entdecken 'Ich kann das hören' und 'Ich kann das auch fühlen'. Das ist sehr wichtig", erklärt Diaz-Merced. Sie glaubt, dass die App blinden Kindern helfen kann, sich für Astrophysik und Wissenschaft allgemein mehr zu begeistern.

Das Team hat unterschiedlichste Gesellschaftsgruppen, wie zum Beispiel Studenten oder National-Park-Ranger, mit der Aufnahme von Bild und Ton während der Sonnenfinsternis beauftragt. Dadurch soll aufgezeichnet werden, wie Menschen und Tiere hörbar auf die Sonnenfinsternis reagieren. Auch wurde eine für Blinde einfach zugängliche Datenbank erstellt. "Ich hoffe, dass wir durch die Datenbank in Zukunft nicht mehr ausgegrenzt werden und viele Wissenschaftler weiter darauf aufbauen", unterstreicht Diaz-Merced abschliessend.

Artikelfoto: Buddy_Nath (CC0 Public Domain)