Sexuelle Belästigung im Job verursacht Depressionen

(Bildquelle: infoticker)

7'603 Angestellte aus 1'041 Organisationen in Dänemark interviewt. Das Ergebnis ist beunruhigend.

Mitarbeiter, die von Vorgesetzten oder Kollegen am Arbeitsplatz sexuell belästigt werden, können an schwereren Symptomen einer Depression erkranken als jene, die diesbezüglich ins Visier von Kunden oder Auftraggebern geraten. Das hat eine Umfrage des National Research Centre for the Working Environment unter 7'603 Angestellten aus 1'041 Organisationen in Dänemark ergeben.

Pflegeberufe stark betroffen

Diese Unterschiede sind laut Studienautorin Elisabeth Huitfeldt Madsen bisher so nicht nachgewiesen worden. Frühere Studien haben ein erhöhtes Risiko eines langfristigen Fehlens am Arbeitsplatz bei Mitarbeitern ergeben, die sexuell durch Vorgesetzte, Kollegen oder Untergebene belästigt worden waren. Ein erhöhtes Risiko wurde jedoch nicht immer im Zusammenhang mit Kunden oder Auftraggebern nachgewiesen.

Die Ergebnisse zeigen, dass sexuelle Belästigung negative Folgen hat und daher nicht normalisiert oder ignoriert werden sollte. "Das legt nahe, dass sexuelle Belästigung durch Kunden oder Auftraggeber, die häufiger ist als die Belästigung durch andere Mitarbeiter, mit einem erhöhten Risiko schwerer Symptome einer Depression in Zusammenhang steht", so Huitfeldt Madsen. Das sei wichtig, da bei Jobs in der Pflege oder Sozialarbeit die Haltung vorherrschen könne, dass der Umgang mit sexueller Belästigung ein Teil des Jobs sei.

Major Depression Inventory

Beim Vergleich mit Mitarbeitern, die keiner Belästigung ausgesetzt waren, erreichten Personen, die von Kunden oder Auftraggebern belästigt wurden, 2,05 Punkte mehr auf dem Major Depression Inventory, einem Fragebogen zur Stimmungslage, der mit einer Einschätzung der Symptome zur Erstellung der Diagnose eingesetzt wird. Die Ergebnisse reichen von 20 bei einer leichten Depression bis zu 30 oder mehr Punkten bei einer schweren Depression.

Mitarbeiter, die von einem Vorgesetzten, Kollegen oder Untergebenen am Arbeitsplatz sexuell belästigt wurden, verfügten über um 2,45 Punkte höhere Ergebnisse als jene, die von Kunden oder Auftraggebern belästigt wurden. Bei klinischen Depressionen allein konnte im Vergleich zu Nichtbetroffenen kein erhöhtes Risiko bei Personen festgestellt werden, die von Kunden oder Auftraggebern belästigt wurden. Jene, die jedoch von Vorgesetzten, Kollegen oder Untergebenen sexuell belästigt wurden, verfügten über ein deutlich höheres Risiko.

Frauen werden häufiger Opfer

Von den befragten 7'603 Mitarbeitern waren 2,4 Prozent (180 Personen) einer sexuellen Belästigung durch Kunden oder Auftraggeber ausgesetzt. Ein Prozent (79 Personen) wurden durch Kollegen belästigt. Frauen waren eher betroffen als Männer. 169 von 4'116 Frauen berichteten von sexueller Belästigung durch Kunden oder Auftraggeber. Bei Männern waren es nur elf von 3'487 Mitarbeitern. 48 Frauen wurden von Kollegen sexuell belästigt und 31 Männer waren davon betroffen. Teilnehmer im Pflegebereich waren mit 152 von 2'191 Personen häufiger von Belästigungen durch Kunden oder Auftraggeber betroffen als Teilnehmer anderer Berufsgruppen.

Den Studienautoren nach ist die Zahl der Betroffenen in der Studie vergleichsweise gering. Damit steige die Unsicherheit der Schätzungen vor allem bei Männern. Die beobachteten Zusammenhänge dürften daher grossteils die Erfahrungen von Frauen widerspiegeln. Das Design der Studie erlaubt auch keine Rückschlüsse über Ursache und Wirkung. Daten der Teilnehmer, die auf den eigenen Erinnerungen beruhen, könnten zusätzlich zu wenigen oder zu häufigen Meldungen geführt haben. Trotz dieser Einschränkungen sei die Forschung in diesem Bereich von grosser Bedeutung. Details wurden in "BMC Public Health" veröffentlicht.

Artikelfoto: darcyadelaide (CC0 Public Domain)