Künstliche Intelligenz ertappt dreiste Stromdiebe

(Bildquelle: infoticker)

In Brasilien überwachte ein Algorithmus 3,6 Mio. Haushalte über fünf Jahre. Hier kommt das Ergebnis.

Forscher der University of Luxembourg haben einen neuen Algorithmus entwickelt, der das illegale Abzweigen von Strom erschwert. Um der kriminellen Praxis Einhalt zu gebieten, greifen die Experten auf Künstliche Intelligenz (KI) zurück. Diese kann in grossen Städten Millionen von Stromzähler gleichzeitig überwachen und dabei sofort feststellen, ob der Energieverbrauch irgendwo verdächtig gering ausfällt. Bei ersten Tests in Brasilien schaffte das System eine Trefferquote von 65 Prozent.

Verluste für Energiewirtschaft

"Der Diebstahl von Elektrizität ist ein Problem, das nicht nur auf Brasilien beschränkt ist. In manchen Ländern werden an die 40 Prozent der gesamten Stromeinspeisung illegal abgezweigt, weil die Leute ihre Stromzähler manipuliert haben", zitiert der "NewScientist" Patrick Glauner von der University of Luxembourg. "Das ist glatter Betrug", er. Auch die ökonomischen Konsequenzen solcher Handlungen seien nicht zu übersehen. In Grossbritannien etwa gingen der Energiewirtschaft auf diese Weise jährlich geschätzte 440 Mio. Pfund (rund 502 Mio. Euro) durch die Lappen.

"Die widerrechtliche Stromentnahme kommt in allen Ländern der Welt vor", bestätigt der Strom- und Erdgas-Verteilernetzbetreiber Wiener Netze auf Nachfrage von "pressetext". Auch Österreich sei nicht davor gefeit. "Bei uns hält sich die Anzahl dieser Fälle in Grenzen, im Gegensatz zu Ländern mit höherer Armutsrate und schlechtem Sozialsystem", heisst es. Nichtsdestotrotz sei Stromdiebstahl ein strafrechtliches Vergehen und könne Menschenleben gefährden. "Die Wiener Netze verfügen über speziell geschulte Mitarbeiter, die Stromdiebstahl aufdecken und anzeigen."

Erfolgreiche Praxistests in Brasilien

Um ihren Algorithmus auf den speziellen Zweck der Energiekontrolle hin zu trainieren, haben sich Glauner und sein Team insgesamt 3,6 Mio. Haushalte in Brasilien vorgenommen. Diese wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg kontinuierlich überwacht. Dabei hat die eingesetzte KI Daten von beinahe 200 Mio. monatlichen Stomzählermessungen erfasst, ausgewertet und mit entsprechenden Verbrauchswerten aus den Vorjahren verglichen.

Die genaueste Version des entwickelten Kontrollsystems erzielte bei diesem ersten Praxistest eine Treffergenauigkeit von 65 Prozent. "Wir glauben, dass unser Algorithmus hier deutlich besser abschneidet als bisher verfügbare Tools", ist Glauner überzeugt. Auch die Energiewirtschaft scheint an das Potenzial der neuen Software zu glauben. So hat etwa das in Lateinamerika tätige Unternehmen CHOICE Technologies bereits wissen lassen, dass es vorhat, das KI-System bald in die eigene kommerzielle Software implementieren zu wollen.

Artikelfoto: whitesession (CC0 Public Domain) - (Symbolbild)