Hitzewellen heizen Städte stärker auf

(Bildquelle: infoticker)

Der Juni 2017 brach in der Schweiz etliche Wetterrekorde. Vor allem war der Monat, mit einer Hitzewelle zwischen dem 19. und 23. Juni, ausserordentlich heiss, der zweitheisseste Juni seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Städte heizen sich wesentlich stärker auf als umliegende Regionen, ein...

Die jüngste Hitzewelle in der Schweiz Ende Juni 2017 weckt Erinnerungen an die Hitzewellen von 2015 und 2003. Städtische Gebiete sind am stärksten betroffen, da diese Regionen einen Effekt aufweisen, der als städtische Hitzeinseln (engl. Urban Heat Island, UHI) bekannt ist und der im Vergleich mit der ländlichen Umgebung durch höhere Lufttemperaturen gekennzeichnet ist. Gründe für städtische Hitzeinseln sind dunkle Oberflächen, z. B. von Dächern und Strassen, die zu einer höheren Absorption der Sonnenenergie führen, ein Mangel an Verdunstungskühlung durch Vegetation, wenig offener Raum und damit ein Mangel an Durchlüftung und Nachtkühlung.

Städtische Hitzeinseln kennt man aus mehr als 400 Städten auf der ganzen Welt, sie weisen vor allem nachts bis zu sieben Grad "Übertemperatur" auf. Hitzewellen tragen nicht nur zu allgemeinem Unwohlsein und schlaflosen Nächten bei, sondern können auch aufgrund der Auswirkungen auf das menschliche Herz-Kreislauf-System und die Atemwege ernsthafte Erkrankungen, Erschöpfung, einen Hitzeschlag und sogar hitzebedingte Todesfälle verursachen.

800 - 1'000 zusätzliche Todesopfer wegen Hitze

Die Schweiz erlebte 2003 und 2015 - die Jahre mit den beiden heissesten Sommern seit über 150 Jahren – ausgeprägte Hitzewellen. Einer Untersuchung von Forschern des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts in Basel aus dem Jahr 2016 zufolge wurde für diese Sommer eine Zunahme der Mortalitätsrate um 6,9 Prozent bzw. 5,9 Prozent mit 960 und 804 zusätzlichen Todesfällen geschätzt. Insgesamt wurden im Sommer 2003 in ganz Europa rund 70'000 zusätzliche Todesfälle gemeldet.

Hitzewellen lassen sich mithilfe von Modellen zur Wettervorhersage simulieren, aber ihre Auswirkungen auf Städte sind immer noch nicht ganz geklärt. Deshalb kombinierten Jan Carmeliet, Professor für Bauphysik an der ETH Zürich, und Dominik Brunner, ein Atmosphärenwissenschaftler an der Empa, die Vorhersagemodelle mit den Auswirkungen von Gebäuden und Strassen, um die lokalen Lufttemperaturen in Städten besser vorhersagen zu können. Die daraus resultierende "Wärmekarte" von Zürich zeigt Details der Hitzeinsel mit einer Auflösung von bis zu 250 Metern (siehe Abbildung).

Stärkste UHI-Effekte in der Nacht

UHI-Effekte treten nachts am stärksten zutage wegen der Speicherung von Wärme durch Baustoffe während des Tages und deren Abgabe während der Nacht. Gianluca Mussetti, ein Doktorand an der ETH Zürich und an der Empa, untersuchte die Merkmale der jüngsten Hitzewelle vom 20. Bis 24. Juni 2017 in Zürich. Während der Nacht vom 21. auf den 22. Juni beobachtete er eine UHI-Intensität von knapp sechs Grad - 1,5 Grad über der UHI-Intensität der Hitzewelle von 2015.

Ausserdem stellte Mussetti an diesen Tagen Temperaturunterschiede zwischen dem kühlsten und dem wärmsten Ort innerhalb der städtischen Hitzeinsel von bis zu drei Grad fest. Es ist bekannt, dass sich Hitzewellen vor allem an lokalen "Hotspots" der jeweiligen Städte manifestieren. In Zürich sieht man besonders hohe Nachttemperaturen im dicht bebauten Stadtzentrum, relativ kühlere Temperaturen für Gebiete in Seenähe, entlang der Limmat und an den Hängen des Züribergs, wo während der Nacht kühle Luft aus höheren Bereichen herunterströmt.

Die Forscher konnten insbesondere einen Zusammenhang zwischen der städtischen Durchlüftung und den Lufttemperaturen beobachten: Ein Mangel an innerstädtischer Luftzirkulation führt zu weniger Wärmeabfuhr - und damit zu einer höheren UHI-Intensität.

Strategien zur Linderung der städtischen Hitzeinseln gesucht

Angesichts einer bevorstehenden Zunahme von Hitzewellen in der Zukunft sind Stadtbewohner überall auf der Welt in Bezug auf ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit ernsthaft gefährdet. Daher werden die Untersuchung städtischer Hitzeinseln und die Entwicklung von Strategien zu deren Abschwächung für viele betroffene Länder und Städte immer wichtiger. Um wirksam zu werden, müssen Massnahmen zur Bewältigung des Klimawandels und Strategien zur Minderung des UHI-Effekts allerdings über einen längeren Zeitraum umgesetzt und angewandt werden.

Durch künftige Studien wollen die Forscher der ETH Zürich und der Empa die Ursachen der städtischen Hitzeinseln und der lokalen Hotspots in den Städten noch besser verstehen. Ausserdem wollen sie Gegenmassnahmen entwickeln, etwa eine vermehrte Nutzung von städtischem Wasser bei Hitzewellen, vorübergehende Abkühlungsmassnahmen wie intelligente Beschattung oder Kühlsysteme unter Strassen und Gehwegen.

Artikelfoto: Allie_Caulfield (CC BY 2.0)