Der «Beobachter Prix Courage» 2017 geht an Remo Schmid

Remo Schmid aus Dübendorf ZH wird mit dem «Beobachter Prix Courage» 2017 ausgezeichnet. Der 31-Jährige schritt beherzt ein, als diesen Sommer eine Frau von einem Gewalttäter geschlagen und genötigt wurde.

Obwohl Schmid selbst verprügelt wurde, gelang es ihm, den Täter bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten. Der mit 15‘000 Franken dotierte Preis wurde am Freitagabend im Medienpark Zürich vor rund 150 Gästen in festlichem Rahmen von Ständerätin und Jury-Präsidentin Pascale Bruderer überreicht. Erstmals wurde dieses Jahr zusätzlich ein mit 10'000 Franken dotierter Prix Courage Lifetime Award verliehen: Die Beobachter-Redaktion zeichnet damit Pfarrer Ernst Sieber für sein Lebenswerk aus.

Um 3:00 Uhr früh in der Nacht hört Remo Schmid durch die geöffneten Fenster seiner Wohnung die Hilfe-Schreie einer Frau. Er rennt hinaus und sieht einen Mann, der sich gerade seine Hose hochzieht. Vor ihm sitzt eine Frau, Blut tropft aus ihrer Nase. Auf dem Weg zum Nachtbus hatte der Mann sie ins Gesicht geschlagen und genötigt. Schmid zerrt den brutalen Schläger weg und wird selbst verprügelt. Doch es gelingt ihm nach rund halbstündigem Kampf, den Mann mit Hilfe eines herbeieilenden Anwohners zu Boden zu drücken. Zusammen halten sie den Täter fest, bis die Polizei eintrifft und diesen verhaftet. «Man ist schon ein bisschen auf sich alleine gestellt» meint Schmid im Nachhinein. Aber dank seines beherzten Eingreifens hat er mit grösster Wahrscheinlichkeit die Frau vor einer Vergewaltigung gerettet.


Remo Schmid bei der Preisverleihung

Ständerätin und Jury-Präsidentin Pascale Bruderer sagte in ihrer Laudatio: «Was mir Jahr für Jahr mehr bewusst wurde: Wer Zivilcourage hat, trägt diese in sich, bevor sie sich in speziellen Situationen zeigt. Es ist eine Überzeugung, eine Bereitschaft, eine Haltung». Die Wahl des diesjährigen Preisträgers würdigte sie mit den Worten: «In einer Zeit, da sexualisierte Gewalt zunimmt und auch in alltäglichen Situationen zum Thema wird, ist Zivilcourage, wie sie Remo Schmid bewies, umso wichtiger. Was für ein Glück hatte die genötigte Frau in jener Nacht. Obwohl er nicht selber bedroht war, zögerte Remo Schmid keine Sekunde und nahm enorm viel Risiko auf sich, um einer anderen Person zu helfen und sie vor einem Gewalttäter zu beschützen, ziemlich sicher vor einer Vergewaltigung. In unseren Augen ist es eine Heldentat, auch wenn er diesen Begriff ablehnt und sich nicht als Helden sieht, sondern ganz einfach als Helfer». Bruderer betonte, die aktuelle Debatte über sexuelle Übergriffe und sexualisierte Gewalt trage wesentlich dazu bei, die Augen zu öffnen, Tabus zu brechen und Unaussprechliches beim Namen zu nennen. Gerade unter diesen Aspekten werde deutlich, wie ungeheuer wertvoll couragierte Menschen seien: «Remo Schmid, wir danken für Ihr beherztes Eingreifen, wir danken für die vorbildliche und beherzte Tat, wir danken für Ihre Zivilcourage».

Wechsel beim Jury-Präsidium

Nach sieben Jahren tritt Pascale Bruderer aus zeitlichen Gründen vom Juryvorsitz zurück. «Pascale Bruderer hat sich in den vergangenen sieben Jahren ebenso engagiert wie kompetent in die Diskussionen eingebracht und wesentlich dazu beigetragen, die Messlatte unseres Preises hoch zu halten und gesellschaftlich wichtige Themen anzusprechen» umriss Andres Büchi, Chefredaktor des Beobachters, die hohen Verdienste der abtretenden Jury-Präsidentin. «Ihr gebührt ein riesengrosses Dankeschön für ihren engagierten Einsatz als Botschafterin des Prix Courage über all die Jahre hinweg». Über die Neubesetzung dieser Position wird Anfang 2018 orientiert.

Lifetime Award für Pfarrer Ernst Sieber

Der mit 10'000 Franken erstmals vergebene Prix Courage Lifetime Award wurde Pfarrer Ernst Sieber aus Zürich verliehen. Andres Büchi hob in seiner Ansprache den lebenslangen Einsatz des 90-Jährigen hervor: «Pfarrer Ernst Sieber und seine Sozialwerke sind uns als Begriffe längst so vertraut geworden, dass wir ihr Angebot fast als selbstverständlich erachten. Aber ohne Pfarrer Sieber und sein Engagement gäbe es dieses wichtige Angebot für Menschen am Rande der Gesellschaft nicht. Die Redaktion des Beobachters hat deshalb entschieden, dem Zürcher Sozialkämpfer mit dem Lifetime Award eine spezielle Prix-Courage-Auszeichnung für sein Lebenswerk zu verleihen». Heute betreut die Stiftung Sozialwerke Pfarrer Sieber knapp 5’000 Menschen in Not - Obdachlose, Randständige, Drogensüchtige.

Über den Beobachter Prix Courage

«Die Schweiz braucht Leute, die handeln, wo Zuwarten andere gefährdet, die laut werden, wo Schweigen Unrecht verdeckt, die ehrlich sind, wo Lügen leichter fiele», umschreibt Chefredaktor Andres Büchi den Prix Courage. «Alle Kandidaten, die der Beobachter nominiert hat, haben diesbezüglich Herausragendes geleistet, die Nomination ist eine verdiente Auszeichnung dafür». Jedes Jahr nominiert die Beobachter-Redaktion verschiedene Personen oder Organisationen, die ihr Handeln einem höheren Ziel unterordnen als dem eigenen Vorwärtskommen. Preiswürdig sind Projekte und Taten, aber auch langfristiges Engagement oder das Lebenswerk einer Person in oder aus der Schweiz.

Artikelfotos: Christian Schnur ( beobachter.ch )