Abgasskandal - Rund 6'000 Schweizer mit Schadenersatzklage

(Bildquelle: infoticker)

Heute reicht die Stiftung für Konsumentenschutz am Handelsgericht Zürich für rund 6'000 Geschädigte mit Wohnsitz in der Schweiz eine Schadenersatzklage ein. Mit einem speziellen Klagekonzept eröffnet der Konsumentenschutz damit bei der Rechtsdurchsetzung von Massenschäden ein neues...

Die beim Verkauf als umweltfreundlich gepriesenen Autos waren von vornherein überteuert. Wegen der Manipulationen der Abgasvorrichtungen haben sie auf dem Occasionsmarkt zusätzlich an Wert verloren. Doch weder VW noch die Amag waren bereit, mit dem Konsumentenschutz über den Ersatz der finanziellen Schäden ihrer Kunden auch nur zu verhandeln. Die heutige Einreichung der Klage sabotiert die Strategie der Autoindustrie, dass für tausende Betroffene in der Schweiz die Verjährung eintritt, und legt die Entscheidung über die Entschädigung in die Hände der Richter.

Für den Volkswagen-Konzern und die Schweizer Generalimporteurin Amag ist der Abgasskandal auch mit dem Software-Update noch lange nicht erledigt. Die Halterinnen und Halter hatten für ein angeblich umweltfreundliches Auto teures Geld bezahlt und erzielen seit Bekanntwerden der Manipulationen auf dem Occasionsmarkt viel weniger Erlös als vergleichbare, nicht vom Skandal betroffene Autos.

Der Konsumentenschutz geht von einem durchschnittlichen Schaden von 15 Prozent des Neuwerts der betroffenen Wagen aus und reicht deshalb für rund 6'000 Konsumenten aus der Schweiz beim Handelsgericht Zürich eine Schadenersatzklage gegen Volkwagen und Amag ein.

Einzigartiges Klageprojekt

Das Kostenrisiko für eine Einzelklage ist unverhältnismässig gross, weshalb die Konsumenten in solchen Fällen auf den Rechtsweg meist verzichten und den Schaden abschreiben müssen. Wie auch im übrigen Europa gibt es leider auch in der Schweiz keine effizienten Instrumente für kollektiven Rechtsschutz. "Die VW-Strategie der Verzögerung darf nicht aufgehen, daher wird geklagt", sagt Alexander Amann von der Kanzlei Schwärzler Rechtsanwälte.

In Zusammenarbeit mit den spezialisierten Anwälten hat der Konsumentenschutz ein spezielles und einzigartiges Klagekonzept entwickelt, bei dem verschiedene Rechtsbehelfe kombiniert werden. Zum Konzept gehört auch die im September eingereichte Verbandsklage. Ausserdem wird das Prozessrisiko auf verschiedene Rechtsschutzversicherungen und einen professionellen Prozessfinanzierer verteilt.

Schweizer Rechtsschutzversicherer unterstützen das Projekt

Alle grossen Rechtsschutzversicherungen der Schweiz unterstützen koordiniert das Klageprojekt und empfahlen den betroffenen Autobesitzern unter ihren Versicherten, sich als Geschädigte anzumelden. "Es ist das erste Mal überhaupt, dass schweizweit alle Rechtsschutzversicherungen gemeinsam für ihre Kunden koordiniert juristisch vorgehen", sagt Christoph Arnet, General Counsel der Coop Rechtsschutz AG.

Die Unterstützung der Schweizer Rechtsschutzversicherer verleiht dem Projekt zusätzliches Gewicht und trägt wesentlich zur "Swissness" des Projekts bei. "Dass sich alle grossen Schweizer Rechtsschutzversicherungen mit uns für die Geschädigten engagieren, ist ein wichtiges Zeichen an die Konzernwelt: wer in der Schweiz Konsumentinnen und Konsumenten täuscht, muss mit ernsthafter Gegenwehr rechnen", betont Sara Stalder, Geschäftsleiterin Konsumentenschutz.

Diese Rechtsschutzversicherer übernehmen in diesem Verfahren für ihre Kunden die Deckung der Prozesskosten (alphabetische Reihenfolge): Assista Rechtsschutz, AXA ARAG, CAP, Coop Rechtsschutz, DAS, Dextra, Fortuna, Helsana Rechtsschutz, Orion, Protekta.

Anzahl der Anmeldungen übertrifft alle Erwartungen

Der Konsumentenschutz entschied sich vergangenen Sommer zur Durchführung des Klageprojekts, nachdem in einer Umfrage rund 2'000 Personen Interesse für eine Teilnahme bekundet hatten. Als er im September mit der Eingabe der Verbandsklage zur Anmeldung an das Klageverfahren aufrief, war das öffentliche Interesse überwältigend und die Zahl der Anmeldungen übertraf alle Erwartungen. Schliesslich meldeten sich mehr als doppelt so viele Geschädigte als Klageteilnehmer an, als erwartet wurde.

Offensichtlich hatten viele betroffene Autobesitzer auf diese Gelegenheit gewartet und sie waren auch dazu bereit, den relativ aufwändigen Anmeldeprozess auf sich zu nehmen. "Wir waren verblüfft, wie viele Anmeldungen innert kürzester Zeit eingingen. Das war eine grosse organisatorische Herausforderung für unsere kleine Geschäftsstelle und die Kanzlei. Umso mehr freut es mich und macht mich stolz, dass wir jetzt die Klage einreichen konnten", sagt Sara Stalder.

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