15'000 Jodler aus der ganzen Schweiz erwartet

Im Juni 2017 findet im Wallis das 30. Eidgenössische Jodlerfest statt. 15'000 Jodler aus der Schweiz und dem Rest der Welt werden erwartet - und zehnmal so viele Gäste. Was kann die "Kunst des textlosen Singens", dass so viele Menschen jodeln oder dabei zuhören? Dass es inzwischen sogar in hippen...

Mit etwas Glück hört man sie hoch oben, an den Flanken des Aletschgletschers: Graziella Walker Salzmann, Präsidentin des Jodlerklubs Riederalp im Oberwallis. "Ich hab' das lange nicht mehr gemacht, oben am Grat zu jodeln", sagt sie.

Doch vor kurzem, bei Filmaufnahmen für das Eidgenössische Jodlerfest, das nächsten Sommer in Brig stattfindet, stand sie wieder im Angesicht des längsten Eisstroms der Alpen: "Es ist ein ganz besonderes Gefühl, dort oben auf der Moosfluh zu jodeln", schwärmt Graziella.

Tiefe Verbundenheit 

"Man singt auf den Gletscher hinunter, der Jodel strömt quasi mit dem Fluss des Eises, und schafft durch seinen klaren Klang eine tiefe Verbundenheit mit der Heimat - mit dieser fast erschütternd schönen Landschaft aus Fels und Eis. Man spürt die Grösse und Erhabenheit der Berge und ist einfach nur dankbar, hier sein zu dürfen.

Hinzu kommt, dass der Gletscher ein Kraftort ist, was man vor einiger Zeit sogar ausgemessen hat." Die Messungen eines Schweizer Naturenergetikers ergaben, dass der Bergrücken eine aufbauende und festigende Wirkung hat, an der sich Menschen und Tiere "aufladen" können.

Atemberaubender Blick auf den Aletschgletscher

Besucher spüren das vor allem an den drei Aussichtspunkten der Aletsch Arena - Moosfluh, Bettmerhorn und Eggishorn, die einen atemberaubenden Blick auf den UNESCO-geschützten Aletschgletscher freigeben. Doch was hat das Jodeln nun mit dem Berg zu tun?

"Jodeln war ursprünglich eine Möglichkeit, über weite Entfernungen zu kommunizieren", erklärt Graziella. "Hirten, die mit dem Vieh unterwegs waren, verständigten sich so mit den Kollegen auf der anderen Talseite." Dabei ist das Charakteristische das oft recht schnelle Umschlagen von Brust- zu Kopfstimme.

Einen Text hat der Jodel selbst nicht - er besteht aus Silben, die sich je nach Region unterscheiden: "Bei uns in der Schweiz gibt es nur ,ju’, ,jü’, ,lu’, ,lü’, ,jo’, ,lo’ und ,ho’. In den Nachbarländern hört man hingegen oft das ,du’, ,dö’ oder ,do’." In den Alpenregionen entwickelte sich der Jodel, der ja nur aus Silben besteht, zum Jodel-Lied weiter.

Über Heimat und Kultur 

Dabei wurde der Jodel zum Refrain, der zwischen den Strophen immer wiederholt wird. "Oft geht es in den Texten um die Heimat, die Kultur, die Wehmut nach den Eltern und Grosseltern…", weiss Frédéric Bumann. Er ist selbst passionierter Jodler im Jodlerklub "Ahori" aus Brig-Glis und koordiniert das Marketing für das Eidgenössische Jodlerfest 2017 in Brig.

Dabei legt er grossen Wert auf das "Echte und Unverfälschte" des Festes, das übrigens nur alle drei Jahre stattfindet - und in Brig zuletzt vor 30 Jahren: "Es soll möglichst keine Beschallung und kein Rumtata in den Festzelten geben", sagt der 42-jährige.

Denn auch die Gruppen, die gerade nicht auftreten, sollen die Möglichkeit haben, sich irgendwo an einem schönen Platz spontan zusammenzustellen und zu singen. "Der Wunsch nach dem Echten und Bodenständigen ist gross", beobachtet Bumann.

Jugendliche jodeln vermehrt

So haben die Jodlerklubs in den letzten Jahren nicht nur ungebrochen viel Zuspruch aus der älteren Generation, sondern vermehrt auch von Jugendlichen, vor allem Mädchen und jungen Frauen. "Und es gibt sogar ein Kinderjodelchörli im Oberwallis, das bei den Auftritten immer grosse Aufmerksamkeit erregt", ergänzt der passionierte Jodler mit sichtlicher Freude.

Beim Jodlerfest geht es für viele Teilnehmer um mehr als nur das Mitmachen, denn die Gruppen und Solisten treten vor einer Jury auf - sofern sie sich vorher auf einem Unterverbandsfest qualifiziert haben. 15'000 Jodler, Fahnenschwinger und Alphornbläser werden erwartet, die in 15 verschiedenen Vortragslokalen auftreten werden.

Grosse Herausforderung

150'000 Zuschauer und -hörer werden anreisen - für die Organisatoren ist das kein Pappenstiel: "Das Jodlerfest ist eine grosse Herausforderung", sagt Frédéric Bumann. "Man baut praktisch für ein paar Tage eine ganze Firma auf." Schon jetzt, ein Dreivierteljahr vor dem Termin, läuft die Maschinerie auf Hochtouren.

Das Programm steht natürlich schon: Neben den zahlreichen Konzerten ist der traditionelle Umzug der Vereine ein zentraler Punkt. Und es wird auch Auftritte jenseits der klassischen Schweizer Jodlerklubs geben: "Es kommen Sänger aus der ganzen Welt - aber immer mit Schweizer Wurzeln: häufig aus Amerika und Kanada, aber auch aus der Ukraine ", zählt Frédéric auf.

Ausserdem wird es einen Gala-Abend geben, das "Natur-Ton-Festival" mit Highlights der Schweizer Volksmusik - und zudem finden die so genannten "freien Vorträge" im Zeughaus statt. Allerdings ohne Jury und die üblichen Richtlinien - hier ist (fast) alles erlaubt, was gefällt.

Stilrichtung verbinden

"Inzwischen gibt es ja auch viele Projekte, die das Jodeln mit anderen Stilrichtungen verbinden", erzählt Graziella. Auch sie habe schon bei solch einem Projekt mitgemacht: "Das war eine jazzige Melodie, begleitet mit Kontrabass und Handorgel."

Auch wenn alles professioneller geworden ist - die Dirigentin im Jodlerklub Riederalp etwa hat einen Master in Musik und klassischer Gitarre - sei das Gefühl trotzdem noch das Gleiche, so Graziella: "Beim Jodeln spürt man die Erdung, man kommt zur Ruhe. Es baut auch Spannungen ab, wie ein Urschrei.

Wenn man am Zerbersten ist, hat es eine unglaublich befreiende Wirkung." Diese haben inzwischen auch Menschen in Grossstädten entdeckt, die sich in Kursen ans Jodeln wagen. Sie berichten von einem entspannenden Moment, ähnlich wie beim Yoga.

Schnupper-Jodelkurse

Diese Erfahrung können im Sommer 2017 übrigens auch Feriengäste und Besucher der Aletsch Arena machen: Zur Einstimmung auf das grosse Jodlerfest sollen auf den Aussichtspunkten Moosfluh, Bettmerhorn und Eggishorn erstmals Schnupper-Jodelkurse stattfinden. Und was sagen die alt eingesessenen Jodler aus den Vereinen, wenn plötzlich Städter daher kommen und jodeln?

"Die Leute sind hier sehr offen", sagt Frédéric Bumann. "Wenn's schön gesungen ist, stört sich niemand daran." Und auch Graziella Walker Salzmann findet: "Das passt doch gut! Es ist eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, ist gut fürs Gemüt - das gilt doch für alle Menschen."

Aber kann man dieses Gefühl wirklich in die Stadt transferieren? "Manchmal tut es sicher gut, in einer Grossstadt einen Jodel zu singen und damit in krassem Gegensatz zur Umgebung ein Stück Heimat zu zaubern", meint Frédéric. "Aber die Bergkulisse ist einfach schöner und authentischer."

Offizielle Website des 30. Eidgenössischen Jodlerfestes: www.jodlerfest-brig.ch

TIPP: Frédéric Bumann empfiehlt Gästen unter anderem die Übernachtung auf Riederalp, Bettmeralp oder Fiescheralp - oben beim Aletschgletscher in der Aletsch Arena - die Bergbahnen haben während des Jodlerfestes verlängerte Betriebszeiten.

"Die Stimmung ist dort aufgrund der Kulisse einzigartig", sagt er. Auch unten im Tal der Aletsch Arena, in Mörel oder Fiesch, sind Übernachtungen möglich. www.aletscharena.ch--- Zum Thema Jodel-Spektakel werden im Sommer 2017 auf den Aussichtspunkten der Aletsch Arena Jodel-Schnupperkurse für jedermann angeboten.

4.7.2017 auf dem Eggishorn, 11.7.2017 auf dem Bettmerhorn und 5.8.2017 auf der Moosfluh.

Schnupper-Kursleiterin: Manuela Lehner-Mutter Kursdauer: ca. 1 ½ Stunden

www.aletscharena.ch/sinneserlebnisse 

Eine Kostprobe von Graziella Walker Salzmann - Jodeln am Aletsch-Gletscher:

https://www.youtube.com/watch?v=fEWnalx0SQk&feature=youtu.be 

Veranstaltungen und Kurse zum Thema Kraftort:

http://www.aletscharena.ch/naturphaenomen/sinneserlebnisse 

Geführte Exkursionen und Ausstellungen im UNESCO Weltnaturerbe:

http://www.pronatura-aletsch.ch