Rekordbärin Fränzi im Tierpark Goldau gestorben

Geboren wurde die "Grande Dame" des Tierparks 1983 in Bern und zügelte ein Jahr später in die Zentralschweiz nach Goldau. Hier zog sie erfolgreich acht Jungtiere gross und ist die Mutter, respektive Grossmutter, der heute im Natur- und Tierpark Goldau lebenden Bären. Im Januar 2018 feierte sie ihren 35. Geburtstag, was sie zur Rekordbärin machte: Sie war offiziell der älteste Syrische Braunbär im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm und somit eine der ältesten Bärinnen überhaupt.

Klein aber oho!

Auch unabhängig von ihrem langen Leben war Fränzi eine Besonderheit. Die relativ kleine und zierliche Bärendame war durch ihren neugierigen und resoluten Charakter bei Besuchenden und Mitarbeitenden sehr beliebt und sorgte immer wieder für Überraschungen.

1992 sollte Bärenmann Ernesto mit einem der beiden Bärenweibchen in Goldau verpaart werden, doch der stattliche Bär hatte sich bereits einen Namen als hünenhafter Rüpel gemacht und die Mitarbeitenden sorgten sich um die Sicherheit der Bärendamen. Doch Fränzi, die ihrem Ruf als resolute Bärendame alle Ehre machte, liess sich von dem 200 Kilogramm schweren Raufbold nicht beeindrucken. Mit wenigen Prankenhieben gab die zierliche Bärendame Ernesto den Tarif durch, der daraufhin den Rest des Tages eingeschüchtert in einer Felsnische kauerte, während Fränzi ungerührt ihrem Tagesgeschäft nachging.

Auch mit ihren Jungen war Fränzi eine richtige Bärenmutter und beschützte ihren Bärennachwuchs intensiv: Die Kleinen durften sich nicht aus ihrem Schutzradius entfernen, sonst wurden sie ruckzuck wieder eingefangen und zurechtgewiesen. Bei drohender Gefahr und unbekannten Situationen, wie einem Fussball in der Bärenanlage, sammelte sie sofort ihre Jungen ein und trug sie in den sicheren Stall.

Fit bis ins hohe Alter

Bis zum Umzug in die neue Gemeinschaftsanlage für Bär und Wolf 2009 lebte Fränzi 25 Jahre lang in der ehemaligen Bärenanlage beim Bergsturzkafi. Aufgrund ihres damals schon stattlichen Alters waren die Verantwortlichen unsicher, ob Fränzi den Umzug überstehen würde und die doch relativ weiten Strecken in der neuen Anlage meistern könne. Und wieder hat Fränzi alle Zweifler eines Besseren belehrt und legte auf ihren täglichen Rundgängen regelmässig mehrere Kilometer zurück, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.

Auch bei der Futterauswahl überraschte Fränzi mit ihren geistigen Fähigkeiten: Sie fing direkt nach dem Umzug an, das frische Gras zu fressen und zu grasen, obwohl dies in der alten Anlage nie möglich war und sie dieses Verhalten vorher nicht ausleben konnte. Als sie dann in der neuen Anlage einen ganzen Tierkadaver als Futter erhielt, sammelte Fränzi vor dem Schlafengehen fleissig Äste und Zweige und versteckte ihren Schatz für den nächsten Tag. All diese Verhaltensweisen sind deswegen bemerkenswert, da Fränzi den grössten Teil ihres Lebens wenig Möglichkeit hatte, dieses Verhalten auszuleben, um es dann aber im hohen Alter problemlos zu zeigen.

Der Natur- und Tierpark Goldau ist sehr stolz und äusserst dankbar, dass durch die grosszügige Unterstützung der Besuchenden der Neubau der Gemeinschaftsanlage für Bär und Wolf gelingen konnte und somit eine artgerechtere Haltung der Bären möglich ist.

Fränzi wurde am frühen Freitagmorgen, 8. Juni, aufgrund einer Tumorerkrankung schweren Herzens erlöst.