Wallis

"Facebook-Freundschaft" mit Verfahrenspartei - Richter muss nicht in den Ausstand treten

(Bildquelle: Simon (CC0))

Die blosse Tatsache, dass ein Richter mit einer Verfahrenspartei auf Facebook "befreundet" ist, bildet für sich allein keinen Ausstandsgrund. Ohne zusätzliche Hinweise kann daraus nicht auf eine freundschaftliche Beziehung geschlossen werden, die den Anschein der Befangenheit eines Richters zu begründen vermöchte. Das Bundesgericht weist die Beschwerde einer Mutter aus dem Kanton Wallis ab.

Auf Gesuch des Vaters hin hatte die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) einer Walliser Gemeinde 2016 die gemeinsame elterliche Sorge über das ausserehelich geborene Kind verfügt und weitere Massnahmen angeordnet. Die Mutter verlangte später die Aufhebung der KESB-Entscheide, weil deren Präsident auf Facebook mit dem Vater des Kindes "befreundet" sei. Das Walliser Kantonsgericht wies das Gesuch ab.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Mutter ab. Gemäss der Bundesverfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention hat jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter entschieden wird. Damit ein Richter in den Ausstand treten muss, ist es nicht erforderlich, dass er tatsächlich befangen ist. Vielmehr genügt es, wenn bei objektiver Betrachtung Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit erwecken. Bei freundschaftlichen Verbindungen ist dazu eine gewisse Nähe erforderlich, die über eine blosse Bekanntschaft oder ein "Duzverhältnis" hinausgeht.

Nicht unbedingt eine freundschaftliche Beziehung

Eine "Freundschaft" auf Facebook weist noch nicht auf freundschaftliche Beziehungen im traditionellen Sinn hin. Zur Begründung einer "Facebook-Freundschaft" ist nicht zwingend gegenseitige Zuneigung oder Sympathie erforderlich. Wohl kann der Kreis der "Facebook-Freunde" auch Personen umfassen, mit denen man im realen Leben regelmässig Kontakt pflegt; es können aber auch solche dazugehören, die man bloss als einfache Bekanntschaft qualifizieren würde oder als Person, mit der man einzig im Rahmen eines sozialen Netzwerks ein gemeinsames Interesse für ein bestimmtes Thema teilt.

Gemäss jüngerer Studien sind im Übrigen bei einer Zahl von mehr als 150 "Facebook-Freunden" auch Personen darunter, mit denen man gar keinen Kontakt unterhält oder die man nicht einmal kennt. Ohne zusätzliche Hinweise kann deshalb aus der blossen Tatsache des Bestehens einer "Facebook-Freundschaft" nicht auf eine freundschaftliche Beziehung geschlossen werden, welche den Anschein von Befangenheit zu begründen vermöchte. Solche zusätzlichen Hinweise bestehen im konkreten Fall nicht.